Der „Winzer-Express“ der Fa. Gebr. Haack in Trier
An dieser Stelle soll versucht werden, etwas Licht ins Dunkel zu bringen….
Die Firma Haack war damals Hanomag-Großhändler in Trier und da zum Kundenkreis regional bedingt auch Winzer im Moseltal gehörten, die besondere Anforderungen an ihr Nutzfahrzeug stellten, entschloss man sich in Ermangelung entsprechender lieferbarer Serienfahrzeuge, selbst die Initiative zu ergreifen. Das Resultat war der „Hanomag Winzer-Express Typ Haack“ ! Karl-Heinz Lenz, langjähriger Mitarbeiter der Firma Haack, weiß folgendes zu berichten : „Der Name „Winzer-Express“ war eine Idee von Herrn Walter Haack, Mitinhaber der Firma Gebr. Haack. Die Fa. Gebr. Haack war einige Jahre Inhaber des Gebrauchsmusterschutzes für den Namen Winzer Express. Die Firma Hoffmann in Piesport, ehemals Niederemmel, war Unterhändler der Fa. Gebr. Haack und bezog die Fahrgestelle über den Händler Gebr. Haack, Trier.“ Somit ist wohl klar : was aussieht wie ein Hanomag „Winzer-Express“, hat seinen Ursprung immer bei Haack in Trier !
Titelblatt der Hanomag-Kundenzeitschrift „Tranport Kurier“ vom August 1965
Als Basis für den „Winzer-Express“ diente der Hanomag Kurier in der Standardversion mit einem Radstand von 2500 mm.
Um die Steigfähigkeit des Fahrzeugs im bergigen Umland zu erhöhen, kamen andere Übersetzungen im Getriebe und im Differential zum Einsatz, so daß sich die urprüngliche Höchstgeschwindigkeit des Hanomag Kurier (mit dem D28CL-Motor ca. 83 km/h) bis auf rund 60 km/h minimierte (vergleiche „Typ Enser“) !
Unabdingbar war natürlich ein Nebenantrieb für die Zusatzaggregate, die hinter dem Fahrerhaus montiert werden konnten : eine Seilwinde für den Pflug sowie eine Spritzanlage für Schädlingsbekämpfungsmittel
Der „Winzer-Express“ mit Tank und Schlauchhaspel
Die angebotene Spritzanlage förderte bis zu 60 Liter pro Minute
Per Nebenantrieb konnte der Pflug den Berg hinaufgezogen werden
Ein Winzer bei der Arbeit (Pflügen mittels Winzer-Express)
Die Firma Haack verstand es, ihren „Winzer-Express“ mit Blick auf die Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) taktisch klug zu vermarkten : nach StVZO § 18.1 Anm. 23 Ziffer 65 war der Winzer-Express eine „selbstfahrende Arbeitsmaschine“ ( = „ein Fahrzeug, das nach Bauart und seinen besonderen mit dem Fahrzeug fest verbundenen Einrichtungen zur Leistung von Arbeit, nicht zur Beförderung von Personen oder Gütern bestimmt und geeignet ist“). Die Werbeargumente : „Keine Kfz-Steuer, verbilligter Dieselkraftstoff und günstige Versicherungstarife„. Die Pritsche stellte hier kein Problem dar, wenn (StVZO) „im allgemeinen (…) die Ladefläche 3 m² und die zul. Nutzlast 1,5 t nicht überschreiten.“ Die kurzen Pritschen der Fahrzeuge wurden allerdings zumeist nicht von Haack, sondern von anderen Firmen angefertigt.
Unglaublich, aber wahr : im Mai 2016 war uns noch ein 1966er „Winzer-Express“ bekannt, der seit 50 Jahren vom Erstbesitzer (85 Jahre !) genutzt wurde ! Chapeau !
Safety first : irgendwann wurden modernere Rückleuchten montiert !
Der Saarburger Winzer-Express bei der Arbeit
Ein weiterer Winzer-Express Typ Haack (Baujahr 1965) wurde im Mai 2016 auf dem Hanomag-Kurier-Treffen in Ostendorf präsentiert. Besitzer Klaus-Dieter Latt (ganz links auf der Pritsche) war übrigens der Teilnehmer mit der weitesten Anreise !
Im Mai 1967 wurde der Hanomag Kurier von seinem wesentlich moderneren Nachfolger F45 abgelöst. Und auch diese Baureihe wurde in Trier zum Winzer-Express umgebaut. Im August 2019 erreichten mich Fotos eines solchen Fahrzeugs, das bis dato in Familien(Erst)-Besitz ist und jetzt behutsam restauriert werden soll :
ein frühes Modell ohne „Kotflügel“ und Trittstufe !!!
Weitere: Hanomag F 45 bzw. Hanomag-Henschel F 45 in der Haack-Version als „Winzer-Express“ :
Detailfotos des „Binger Seilzuges“ vom Hanomag-Henschel F 45 :